DFG-Projekt

Mitgliedschaften und soziale Strukturen der Parteien des linken Spektrums in den westlichen Besatzungszonen und in der Bundesrepublik Deutschland 1945 – 1990

Leiter:
Prof. Dr. Klaus Tenfelde

Am Vorhaben beteiligte Wissenschaftler:
Dr. Josef Boyer, Till Kössler M.A., Christian Handschell M.A.

Laufzeit:
05/1997 - 04/2000

Kooperationen:
Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien

Am Institut läuft seit Mai 1997 ein DFG-Projekt zu Mitgliedschaften und sozialen Strukturen der Parteien in den westlichen Besatzungszonen und der Bundesrepublik Deutschland. Das Projekt ist in zwei Arbeitsgruppen geteilt, die Prof. Dr. Klaus Tenfelde hier am Institut und Prof. Dr. Marie-Luise Recker an der Universität Frankfurt am Main leiten. In Frankfurt werden die Parteien des bürgerlichen, in Bochum die des linken Spektrums und die Mandatsträger bearbeitet. Für die Publikation der Ergebnisse werden die Befunde aus Frankfurt und Bochum zusammengeführt und gemeinsam dargestellt. Das Projekt wird von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien unterstützend beraten und ist auf drei Jahre angesetzt.

Das Projekt hat als Ziel, die bisherige Kenntnis über die Sozialstruktur von Parteimitgliedern, Parteifunktionären und Mandatsträgern in den Parlamenten für die Bundesrepublik Deutschland entscheidend zu erweitern. Wir werden dazu eine Dokumentation erarbeiten, die sich als Grundlagenforschung für die Parteiengeschichte, für die Zeitgeschichte, die Soziologie und Politologie versteht. In dem geplanten mehrbändigen, überwiegend statistischen Werk sollen für die Zeit 1945 bis 1990 alle in diesem Zeitraum einmal in Parlamenten vertretenen Parteien vergleichend dargestellt werden. Wir wollen dabei zum einen möglichst viele und zum anderen möglichst sichere Daten gewinnen.

Unsere Arbeitsinhalte sind folgende: Zunächst ist die Anzahl der Parteimitglieder, der ehren- und hauptamtlichen Parteifunktionäre in ihrer Amtsdifferenzierung und der Mandatsträger zu gewinnen und für den Bund, die Länder und weitere räumliche Untergliederungen im Zeitablauf darzustellen. Hier wie in der ganzen Untersuchung bilden wir dabei stets nur aggregierte und anonymisierte Daten ab. In einem zweiten Schritt wird nach sozialstrukturellen Kategorien differenziert. Es wird angestrebt, für alle drei Personengruppen in räumlicher Untergliederung statistische Aussagen zu treffen über das Geschlecht, das Alter, die Konfession, die soziale und regionale Herkunft, über Bildungsabschlüsse, die berufliche Stellung und Verbandszugehörigkeiten, vielleicht auch über Einkommen und Vermögen. Von diesen Maximalzielen müssen quellenbedingt Abstriche gemacht werden, wobei Funktionäre und Mandatsträger besser zu erfassen sind. Allerdings – das zeigen unsere bisherigen Ergebnisse – kann der heutige Forschungsstand weit übertroffen werden. Alle gewonnenen Informationen werden auf ihre Zuverlässigkeit hin überprüft, und die dabei gewonnenen Ergebnisse werden im Detail und quellennah beschrieben. So können spätere Benutzer des Zahlenmaterials dessen Tragfähigkeit und Reichweite einschätzen.

Als Quellen verwenden wir in erster Linie parteiinterne Statistiken, Karteien, Berichte, Aufstellungen usw., die meist nicht für eine Publikation, sondern für die parteieigene, politische Arbeit angelegt wurden. Überliefert sind diese Materialien bei den Parteien und ihren Archiven selbst - wir haben dazu weitgehend uneingeschränkten Zugang erreicht -, oder in den allgemeinen staatlichen Archiven. Für die Mandatsträger wird zudem offizielles biographisches Material ausgewertet, wie es unter anderem in Parlamentsarchiven überliefert ist.

In Bochum haben wir bisher schwerpunktmäßig die SPD und die Mandatsträger bearbeitet und dabei bereits einige Ergebnisse erzielt: So wurde die bis heute nicht veröffentlichte Zentrale EDV-Mitgliederkartei der SPD, die seit 1974 besteht, ausgewertet. Aber auch für die Zeit vor 1974 wurden bisher unbekannte Daten gewonnen, so etwa Angaben zum Umfang und zu den Gründen der Mitgliederfluktuation.

Jeder Mitarbeiter betreibt neben dem Projekt eine eigenständige, qualifizierende Forschungsarbeit. Es entstehen dabei eine Habilitation zur mittleren Führungsschicht der SPD (Boyer), eine Dissertation zum Vergleich zwischen Parlamentariern der SPD und der Labour Party (Handschell) und eine Dissertation zur Sozialgeschichte des Kommunismus in der Bundesrepublik (Kössler).