Ruhr Nachrichten, 10.12.2007, Lokalausgabe Bochum
Peters fordert Gespür für den Menschen
Vernetzung gegen Dumpinglöhne
Bochum. Er kam befreit von Amtswürden und konnte offen sprechen. Seit einem Monat ist Jürgen Peters nicht mehr Vorsitzender der IG Metall. Im Institut für soziale Bewegungen kritisierte er nicht nur neoliberale Entwicklungen in Europa, sondern auch die Arbeit der Gewerkschaften. „Wir müssen schlicht besser werden“, forderte er selbstkritisch anlässlich einer internationalen Konferenz über die Zukunft der Gewerkschaften in Europa. Dieses attackierte er: „In Brüssel ist jedes Gespür für die Menschen verloren gegangen“. Europa stehe nur für Liberalisierungen, während soziale Errungenschaften gefährdet seien. Diese Gefahr habe jedoch nichts mit der Osterweiterung zu tun, erklärte Peters. Während früher Unternehmen deutschen Arbeitnehmern mit Verlagerung des Standortes gedroht hätten, seien nun polnische oder tschechische Arbeitnehmer betroffen: „Die Kollegen dort hören nun die gleichen Argumente wie wir früher: Die Löhne zu hoch, die Arbeitszeiten zu kurz.“
Um Dumpinglöhne zu vermeiden helfe nur eine bessere Vernetzung der Gewerkschaften in Europa, war sich Peters mit 40 Wissenschaftlern aus 27 Ländern einig. Sie diskutierten von Donnerstag bis Samstag im Institut für soziale Bewegungen über die Situation der europäischen Arbeitnehmerorganisationen.
Wie schwer eine Verständigung auf einzelne Schritte ist, zeigte die Podiumsdiskussion zwischen Jürgen Peters und Harald Wiedenhöfer, dem Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes, in dem 82 Gewerkschaftsverbände vertreten sind. Um ein gegenseitiges Unterbieten von Löhnen zu verhindern, schlug Wiedenhöfer Tarifverhandlungen auf europäischer Ebene für einzelne internationale Unternehmen vor. Jürgen Peters war davon gar nicht angetan. Der deutsche Flächentarifvertrag wäre so „im Eimer“. Besser seien Absprachen der Gewerkschaften, bei ihren jeweiligen Tarifabschlüssen nicht unter dem Preiswachstum zu bleiben.
zit. nach: Ruhr Nachrichten v. 10.12.2007.