WAZ, 19.02.2008

24 Kapitel über Johannes Rau

Von Christoph Meinerz

Düsseldorf. Zwei Jahre nach dem Tod seines Nachnachfolgers hat Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) in Düsseldorf ein Sachbuch über den Sozialdemokraten Johannes Rau und seinen Politikstil mit vorgestellt. Der Titel "Versöhnen statt spalten" (Asso-Verlag) trifft die Lebensmaxime Raus, erinnert aber zugleich an eine seiner größten Niederlagen - den gegen Helmut Kohl (CDU) verlorenen Bundestagswahlkampf 1987, den Rau als SPD-Kanzlerkandidat unter diesem Motto geführt hatte.

Die Herausgeber Jürgen Mittag und Klaus Tenfelde (Historiker, Uni Bochum) sprechen bescheiden von einem Sammelband (400 Seiten, 24 Kapitel, 25 Autoren); die Zeit für eine auf wissenschaftlichen Analysen basierende Biografie sei noch nicht reif.

Johannes Rau, der "populär wirkte, ohne populistisch zu sein", stellen sie als "Idealbild eines Politikers" dar. Gleichwohl ist Kritik kein Tabu. Rau habe gerne Geschichten erzählt, um "zuweilen von anstrengenden oder kontroversen Diskussionen abzulenken". "Mangelnde Sensibilität" habe der Politprofi gezeigt, als er sich gerne im Privatjet des WestLB-Chefs zu Terminen fliegen ließ. Die Historiker vermuten, dass sich bei intensiver Beleuchtung der Rolle von Ministerpräsident Rau (1978-'98) als nimmermüder Unterstützer der WestLB noch weitere Schattenseiten aufdecken ließen. Mit-Autor Moshe Zimmermann, Direktor für deutsche Geschichte an der Universität Jerusalem, wirft Rau vor, er habe sich bei seinen Bemühungen um Aussöhnung mit Israel "manchmal etwas naiv ausgedrückt".


zit. nach:
http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/kultur/art1541,171050